Ein breit aufgestellter Wald ohne Buchdrucker und Kupferstecher

Im Wald gilt nicht mehr unbedingt immer größer, immer höher. Je länger der Stamm desto schwieriger die Wasserversorgung. Bei der lehrreichen Waldbegehung mit dem hiesigen Förster Hellstern lauschen die Teilnehmenden pausenlos. Wir erhalten in zwei Stunden einen kleinen Einblick auf das große Bild, die Infos prasseln auf uns hernieder. Auf der Weilerau sind die geologischen Vorgaben nicht toll, daher die Bodendeckung nur 50 bis 70 cm tief. (Das ist nicht viel) Auch im Wald gilt: Probieren geht über studieren. Eichenklaster auf 20 Hektar gepflanzt ohne Schutz mutierten zum absoluten Lieblingsrestaurants von Rehen. Nach Sturm Lothar 1999 gab es eine Notsituation und man war froh um jedes Baumpflänzchen, das man damals überhaupt ergattern konnte.

2003 war das erste alarmierende Trockenjahr in Deutschland. (ich erinnere mich an einen Sommer mit Phasen weit über 40 Grad) Der reine Fichtenbestand hat keine Zukunft. Wichtig sei es für die Zukunft, den Wald breit aufzustellen und nicht mehr so hoch. Dann klappt die Wasserversorgung besser. (Kurze Stämme bedeutet aber auch weniger Holz.) Allerdings ist die Industrie immer noch auf die Fichte gepolt, daher darf man diese Baumart nicht ganz aus dem Auge verlieren. Und ich lerne heute, jeder Ast am Baum ist ein Fehler? Wie bitte? Ja, das würde mir ein Schreiner sagen.

Es gibt 300 Borkenkäferarten. Jeder Baum hat quasi einen. Zwei sind gefährlich für die Fichte: der Buchdrucker, der im unteren Bereich des Baumes sein Fraßbild hinterlässt, und der noch kleinere Kupferstecher, der seinen Schwerpunkt in der Krone hat (und daher oft kaum bemerkt wird.) 20 oder 30 Tierchen kann der Baum verarzten. Je besser er im Saft steht, desto besser kann er mit seinem Harzfluß den feindlichen Fresser abwehren. Aber bei 200 oder 300 ist er irgendwann machtlos.

Die Infos prasseln weiter: Ohne menschliches Einwirken würde sich heutzutage die Rotbuche im Wald durchboxen und alles platt machen. Ein geputzter Graben ist nicht unbedingt gut, das Wasser im Waldboden halten ist besser. Nur auf Schneisen dürfen schwere Maschinen den Waldboden erschüttern (weiß gekennzeichnet). Vier blaue Punkte sind der Fingerzeig: Hände weg. Mit Seilwinden ist aufwändig und teuer zu arbeiten. Der hiesige Bodenuntergrund ist nicht für Pferdehufe geeignet. Jährlich werden rund 2000 neue Bäume gepflanzt.

„Experimentiert“ wird jetzt  mit der Bornmüller-Tanne (Bild), die aus der Nordtürkei stammt und Trockenheit verträgt. Nun wird getestet, ob diese Baumart auch den Umständen in unserer Region standhält. Im Wald geht das nicht schnell, sondern wir reden von 8 bis 10 Jahren, bis man von sichtbaren Ergebnissen sprechen kann.

Der Stadtverband der Freien Wähler Filderstadt e.V. bedankt sich bei allen Teilnehmenden fürs Interesse und vor allem bei Förster Hellstern für den erkenntnisreichen Lehrgang im Wald.

Text und Fotos: Hedy Barth-Rößler
Stv. Vor. Stadtverband Freie Wähler Filderstadt e.V.