Archive: Februar 2020

22. Februar 2020

Auftakt 750 Jahr Feier Bonlanden: Von Bullerbü nach Bonlanden. OB Traub und 4Klässler lesen vor.

Wegen der Corona-Pandemie werden alle Veranstaltungen zur 750 Jahr Feier Bonlanden abgesagt.

Die 750+1 Jahr Feier Bonlanden findet dann in 2021 statt.

 

Zum Auftakt der 750-Jahr-Feier in Bonlanden begaben sich OB Christoph Traub und Bonländer 4Klässler auf eine Zeitreise in die Vergangenheit: Kindheit vor 100 Jahren. Im Alfons-Fügel-Saal ist es mucksmäuschenstill, als die 4Klässler aus Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker „Die Kinder von Bullerbü“ vorlesen.

Während der Kindheit von Astrid Lindgren, die 1907 geboren wurde, lebten in Bonlanden 1400 Einwohner, jeder kannte jeden, es gab drei Telefonanschlüsse, die elektrische Straßenbeleuchtung hielt gerade Einzug, Pferdefuhrwerke und Fahrräder zogen durch die Straßen, Autos hatten absoluten Seltenheitswert, es gab 5 Bäcker, 5 Metzger und 4 Gemischtwarenläden, führt Stadtarchivar Dr. Nikolaus Back in die damalige Zeit ein. Gemeinsam mit Christa Kröplin hatte er die Vorleseidee „Von Bullerbü nach Bonlanden“ und beide half bei den Vorbereitungen.

 

 

Während zahlreiche Anwesende sich während der „Vorlesung“ an ihre eigene Kindheit und ihre Erfahrungen mit dem literarischen Bullerbü erinnern, erwacht im Saal eine vorgelesene Kindheit der Langsamkeit ohne Hektik, ohne Smartphone, ohne durchgetaktetes kindliches Zeitmanagement. Die Bonländer Kinder erzählen von Lasse und seinen Freunden und ihren Abenteuern im schwedischen Bullerbü. OB Traub liest Erinnerungen von Albert Groß, 1906 in Bonlanden geboren. Albert wurde 1912 eingeschult. In seiner Klasse waren 57 Schüler, davon 37 Jungs und 20 Mädchen, dann kamen noch 5 Sitzenbleiber dazu. Sein 1. Schuljahr verbrachte er im alten Schulhaus in der Oberdorfstraße, das jetzige Bürgeramt. Im 2. Schuljahr genoss er bereits die neue Schillerschule. „Wir wurden damals nach Leistung gesetzt, der Beste hat meist vorne gesessen in der ersten Bank, der Schlechteste ganz hinten. Da hat jeder gewusst, wer welche Noten hatte.“ Im ersten Jahr saß Albert noch in einer langen Schulbank mit 6-7 Kindern, in der Schillerschule drückten dann zwei Kinder gemeinsam die Schulbank.

 

Im August gab es drei Wochen Ferien, 10 Tage Heuferien und eine Woche Herbstferien zur Kartoffelernte. Im Sommer war Schule von 7-12 und 13-15 Uhr, im Winter von 8-12 und 13-16 Uhr. Nur Mittwoch- und Samstagnachmittag war schulfrei. Dafür gab es viele Hausaufgaben und viele Kinder mussten auch auf dem Acker mithelfen. Die Hälfte der Schüler hatte keinen Schulranzen und trugdas Schulzeug unter dem Arm. Geschrieben wurde mit Tinte oder Griffel. Der Unterricht begann mit einem Lied, begleitet von den Geigenklängen des Lehrers. Sportunterricht bestand fast nur aus Gymnastik, Leichtathletik oder Fußball stand nicht auf dem Lehrplan. Schulstrafen waren damals an der Tagesordnung. Tatzen und Hosenspanner (übers Knie legen) verteilte der Lehrer tagtäglich, Albert erhielt selten welche.

 

 

 

 

Andere Zeitzeugen berichten vom eiskalten Winter von 1928/29, der selbst den Winter in Bullerbü in den Schatten stellte. Bis zu minus 30 Grad im Februar. Kohle war ein rares Gut. In den Städten wurden die Schulen geschlossen, die Bonländer hielten tapfer aus. Oft war um 10 Uhr erst 6 Grad Wärme im Klassenzimmer, am Montag war es nach dem Wochenende am schlimmsten.

Dem Schneevergnügen von Lasse und seinen Freunden auf Vaters Schneepflug standen die Bonländer Kinder in nichts nach. Am Backhäuschen hin immer der dreieckige Schneepflug. Da hängt er auch heute noch. Im Einsatz wurde er mit 2-4 Pferden gezogen. „Wir Kinder sind dann mit dem Pflug mitgefahren.“

Im Tante-Emma-Laden freuten sich die Kinder über saure Drops. Die Waage war das wichtigste Arbeitsmittel, die meiste Ware war lose. Eine Kasse war ein Luxus, gerechnet wurde im Kopf. Ein Ladenschlussgesetz gab es bei Marie Adam nicht. Geöffnet wurde, wenn sie wach war, und abends wurde man immer noch bedient, wenn Marie noch wach war. Geschlossen wurde nur während der Erntezeit. Kinder von Gemischtwarenhändlern wurden zwar beneidet, mussten aber auch immer nett zu allen sein, damit die Kunden nicht bei der Konkurrenz einkaufen würden.

Wer sich auf eine eigene Zeitreise begeben möchte, kann im Heimatmuseum in Bonlanden in die Vergangenheit eintauchen – und das ganz ohne eine App.

Text/Bilder: Hedy Barth-Rößler, Stv. Vors. Stadtverband Freie Wähler Filderstadt e.V.

 


19. Februar 2020

Landesverband Freie Wähler BW e.V. distanziert sich klar und deutlich von der Freie Wähler Partei. Nicht geschützter Name ist und bleibt ein Dilemma der Freien Wähler.

Die Originalen Freien Wähler Baden-Württembergs kandidieren nicht bei der Landtagswahl 2012.

Ein Grunddilemma, das wie ein Damokles-Schwert seit ihrer Gründung vor über 60 Jahren über der Wählervereinigung der Freien Wähler in Baden-Württemberg schwebt, ist das Problem, dass der Name „Freie Wähler“ niemals, sozusagen als Marke oder neudeutsch als Brand, geschützt wurde. Daher kann jeder, auch eine neue Partei, den Namen Freie Wähler benutzen. So gibt es zum Beispiel in Bayern die Partei der Freien Wähler, die zusammen mit der CSU in Bayern die Regierungsmehrheit bildet.

Nun scheint sich vor der Landtagswahl im März nächsten Jahres Bemühungen der „Freie Wähler Partei“ abzuzeichnen, Sympathisanten, Unterstützer und Wahlkreiskandidaten zu gewinnen, um für den Landtag zu kandidieren. Landesvorsitzender BM Wolfgang Faißt betont: „Wir Freie Wähler sind und bleiben unabhängig und frei. Bei uns gibt es keine Parteidisziplin, wir sind und bleiben Verein.“

Der Landesverband distanziert sich klar und deutlich von der Freie Wähler Partei.

Die Originalen Freien Wähler sind bei der Kommunalwahl, bei der Kreistagswahl und bei der Regionalwahl Region Stuttgart aktiv. Das soll laut Landesverband Baden-Württemberg e.V. auch so bleiben. Die Wählervereinigungen haben kein Parteiprogramm, sondern konzentrieren sich auf die kommunalen Probleme vor Ort und versuchen die bestmöglichsten Lösungen zu finden. Als Bürger*innen-Vertretung in Vereinsform gestalten die Freien Wähler direkt das Lebensumfeld der Bürger*innen in der Kommunalpolitik mit. Seit über 60 Jahren spielen die Freien Wähler Vereinigungen eine große Rolle in der Kommunalpolitik.

Bei der Kommunalwahl 2019 schnitten die Freien Wähler Vereinigungen auf kommunaler Ebene bei den Gemeinderatswahlen als stärkste Kraft ab und erhielten die meisten Stimmen. Von insgesamt 18666 Gemeinderatssitzen in Baden-Württemberg konnten die Wählervereinigungen im Land 8530 Sitze gewinnen.

Der Freie Wähler Landesverband Baden-Württemberg e.V. vertritt rund 10.000 Mitglieder.

Hedy G. Barth-Rößler, Stv. Vors. Stadtverband Freie Wähler Filderstadt e.V.

 


17. Februar 2020

Idee für IBA 2027 in der Region Stuttgart – Haus für ökologische Bildung / Antrag der Freien Wähler Filderstadt

Was ist die IBA 2027 der Region Stuttgart? / Antrag Freie Wähler zur IBA 2027 / Haus für ökologische Bildung

Für die Internationale Bauausstellung werden in der Region Stuttgart Projektideen gesucht, die die Zukunft der Region Stuttgart neu denken. Es ist kein Wettbewerb konkurrierender Projekte, sondern eher ein Jahrmarkt/Baumarkt der Möglichkeiten. Ein Füllhorn an Ideen soll sich über der Frage ausgießen: Was ist im Jahr 2027 zukunftsweisend? Wie reagiert die Region Stuttgart auf den technologischen, ökologischen und gesellschaftlichen Wandel? Wie wollen wir in Zukunft in der Region Stuttgart leben? Wie sieht eine zukunftsfähige Baukultur aus? Alle können mitmachen, die Stadtmetropole Stuttgart, Städte, Dörfer, Kommunen. Als Anregung stellt die Fraktion der Freien Wähler folgenden Antrag an die Stadt Filderstadt:

Im Rahmen der IBA sollte Filderstadt mit einem nachhaltigen ökologischen Projekt beteiligt sein. Aus diesem Grund stellt die Freie Wähler Fraktion Filderstadt folgenden Antrag: In Anlehnung an einen entsprechenden Haushaltsantrag einer anderen Fraktion stellt die Stadtverwaltung dar, inwiefern im Rahmen der IBA ein Ort geschaffen werden kann, in dem Lernaspekte eines Hauses für ökologische Bildung, eines Lernorts Bauernhof, von nachhaltigem Bauen und regionaler nachhaltiger Ernährung thematisch behandelt werden. Für die Freie Wähler Fraktion Filderstadt Stefan Hermann, Fraktionsvorsitzender

Text/Bild: Hedy G. Barth-Rößler, Stv. Vors. Freie Wähler Stadtverband Filderstadt e.V.

Wer sich genauer über die Internationale Bauausstellung informieren will: www.iba27.de

 


10. Februar 2020

Ab in die Startblöcke: Wahl zum Stadtseniorenrat in Filderstadt – Gesucht sind Kandidatinnen und Kandidaten

An die Generation 60plus:

Ab in die Startblöcke: Nun ist es so weit.

Nachdem der Stadtseniorenrat in Filderstadt durch eine Vorbereitungsgruppe und durch den Gemeinderat auf den Weg gebracht wurde, gilt es nun das Gremium mit Inhalt zu füllen. Zunächst müssen sich Personen, die das 60. Lebensjahr erreicht haben, und die sich für die Belange der Seniorenschaft in Filderstadt interessieren und stark machen wollen, zur Wahl stellen. Der politisch neutrale Stadtseniorenrat vertritt die Interessen und Belange der Senioren gegenüber der Stadtverwaltung, dem Gemeinderat und gegenüber Einrichtungen der Altenhilfe. Die Mitglieder des Stadtseniorenrats sind Ansprechpartner für die Anliegen der Seniorinnen und Senioren. Wichtig ist allerdings ein transparenter Dialog, der alle Generationen im Blick hat.

Die 12 Mitglieder werden auf 3 Jahre gewählt. Bereits jetzt können sich Interessierte auf die Bewerberliste setzen lassen. Das Formular gibt es bei der Stadt (Martinstraße 5 in Bernhausen).

Es wird noch eine Informationsveranstaltung von Seiten der Stadt geben. Angedachter Wahltermin ist im Sommer. Dann erfolgt eine Briefwahl. 12000 Wahlberechtigte werden von der Stadt angeschrieben. Den ausgefüllten Stimmzettel kann man in den Rathäusern oder Bürgerämtern einwerfen oder mit frankiertem Umschlag ans Amt für Familie, Schulen und Vereine (Martinstraße 5 in 70794 Filderstadt) schicken.

Wer sich genauer informieren möchte, kann gerne bei folgenden Personen in der Stadtverwaltung anrufen:
Jürgen Wagner-Haußmann 0711/7003-342
Hanna Pfannenschwarz 0711/7003-254.

Hier geht es um Bewerbungsformular: Bewerbung Senioren Filderstadt_online

 


7. Februar 2020

Wie sieht die ärztliche Versorgung aus? Podiumsdiskussion in Filderstadt.

Wie sieht es mit der ärztlichen Versorgung aus? Ist sie auch noch in Zukunft sicher? Fragen zu diesem Themenbereich beantwortete eine Expertenrunde am Donnerstagabend im Mörikesaal in Filderstadt-Plattenhardt.

Hausarzt: Niedergelassene Ärzte investieren viel Arbeit und Herzblut in ihre Praxis, die wie ein Kleinunternehmen geführt werden muss. Viele scheuen die Regressgefahr. Gerade der Hausarzt trifft viele wichtige Entscheidungen gemeinsam mit dem Patienten. Das ist eine sehr hohe Verantwortung. Hausärzte sind laut Kenntner eine aussterbende Gattung. Im letzten Jahr entschieden sich von 5200 Ärzten nur 238, sich als Hausarzt niederzulassen. Im Augenblick sind 35 % der Hausärzte über 60 Jahre alt. Nur 3% sind unter 40 Jahre alt. Die Tendenz der Ärzte, lieber im Angestelltenverhältnis zu arbeiten, ist steigend.  Der klassische Hausarzt mit Herzblut, so Plötze, ist in der Zukunft ein Auslaufmodell. Die 25 Stundenforderung, so Metke, gilt eigentlich im restlichen Deutschland, aber nicht in BW, denn hier arbeiten die Ärzte bereits meistens mehr als 50 Stunden in der Woche. Es geht aber nicht, dass ein Arzt einen Sitz belegt und dann nicht einmal 25 Stunden Dienst anbietet.

Studium: Breitkreuz gibt zu bedenken, dass inzwischen 65% der Medizinstudierenden weiblich sind. Darauf muss die spätere Arbeitswelt im Krankenhaus reagieren: Teilzeitarbeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Der NC für den Studienplatz sollte nicht ausschlaggebend sein. Was macht einen guten Arzt heute aus? Natürlich Fachwissen, aber auch Empathie und einfühlsamer Umgang mit dem Patienten.

Krankenhaus: Im internationalen Vergleich gibt es in Deutschland zu viele Krankenhäuser. Die Bevölkerungszahl von NRW ist so groß wie in den Niederlanden. NRW hat 390 Krankenhäuser, die Niederlande 170. In Schweden gibt es pro 100 000 Einwohner 33 Krankenhausbetten, in Deutschland gibt es 88, in Baden-Württemberg 60. Die Qualität ist in Schweden gleich oder gar besser in weniger Krankenhäusern, aber mit mehr Personal. Der medizinische Fortschritt ist technisch so hoch entwickelt, dass damit nicht jedes Krankenhaus sinnvoll ausgestattet werden kann.

Wartezeit auf Facharzttermine: In Deutschland gibt es sehr viele Patientenkontakte. Bei 9 Millionen Versicherten in BW, so Metke, gibt es pro Jahr 60 Millionen Gesundheitsfälle, darunter 31 Millionen Fälle bei Fachärzten. Der Fortschritt nimmt zu, so Kenntner, die Patienten werden anspruchsvoller und der Anforderung an den Facharzt steigt deutlich.

Terminvergabe: KV vermittelt Termine innerhalb von drei Wochen, die auch vergütet werden. Viele Ärzte haben nicht mehr angenommen, wenn sie ihr Budget überschritten haben.

Fachärztemangel: Zuwanderung aus dem Ausland, so Breitkreuz, ist wichtig und findet zurzeit vor allem in strukturschwachen Regionen und in Ostdeutschland statt. Oft gibt es nicht nur ein Sprachproblem, sondern unterschiedliche Kulturen und Mentalitäten treffen bei Arzt und Patient aufeinander. Die deutsche Medizin wird in Zukunft auf Zuwanderung angewiesen sein.

MVZ Medizinische Versorgungszentren: Die Politik, so Hennrich, muss die richtige Balance zwischen Regulierung und Freiheit finden, um das grundlegende Versorgungsangebot auf Dauer bieten zu können, aber gleichzeitig Kapitalinvestoren in Schach zu halten, die anderes im Sinn haben. Die medizinische Versorgung muss im Fokus sein. MVZs bieten, so Hennrich, unterschiedliche Disziplinen unter einem Dach und ermöglichen Ärzten die Arbeit im Angestelltenverhältnis. Filderstadt hat schon ein kleines MVZ, das an die Filderklinik angegliedert ist.

Telemedizin: Bagatellmedizin über Tele wird in der Schweiz erfolgreich praktiziert. Bei 50 Anrufen pro Tag, so Metke, eignen sich 10 Anrufe zur Telemedizin. Bei 40000 Anrufen im Quartal werden 10 000 an die Telemedizin weitergeleitet.

Personal: Die hohe Arbeitsdichte, der hohe Stressfaktor, nichts falsch machen zu dürfen, sowie die oft fehlende Sinnhaftigkeit im Arbeitsalltag, so Breitkreuz, belasten Ärzte und Pflegepersonal gleichermaßen. Es werden genügend ausgebildet, viele verschwinden aber wieder. Arzthelfer*innen oder OP-Schwestern sind inzwischen Mangelware.

Zukunftsweichen: Die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten muss verbessert werden ebenso die bislang noch sehr mangelhafte Vernetzung der Ärzte untereinander. Der Teamgedanke zwischen Ärzten und anderen Heilberufen wie  z.B. Physiotherapeuten oder Physician Assistant muss nach ausländischem Vorbild gestärkt werden. Sichere Arzneimittelversorgung mit Produktionsstätten in Europa für die Zukunft. Arbeitsalltag des medizinischen Personals mit hoher Empathie und Sinnhaftigkeit ausstatten, damit in der Medizin mit Freunde gearbeitet wird und man sich nicht mehr wie im Hamsterrad fühlt.

Die Schlussbemerkung eines Zuhörers bringt es auf den Punkt: „Der Besuch hat sich gelohnt.“

Veranstaltet wurde die Podiumsdiskussion von der Senioren CDU im Landkreis und der CDU Filderstadt. Vielen Dank an alle Beteiligten.

 

Teilnehmer: Dr. Georg Kenntner, Arzt für Allgemeinmedizin / Dr. Thomas Breitkreuz, Ärztlicher Direktor Filderklinik / Michael Hennrich, MDB Gesundheitsausschuss im Bundestag / Dr. Norbert Metke, Vorsitzender Kassenärztliche Vereinigung BW, Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer Barmer.

Text/Bild: Hedy G. Barth-Rößler, Stv. Vor. Stadtverband Freie Wähler Filderstadt e.V.

 


6. Februar 2020

Versteckte Armut – Podiumsdiskussion in Filderstadt-Bonlanden

Versteckte Armut – „Hilfe, es ist so viel Monat am Ende des Geldes.“ Podiumsdiskussion im ev. Gemeindehaus in Bonlanden, organisiert vom Förderverein für Diakonie und Krankenpflege Bonlanden e.V.

Betroffen sind alle Altersgruppen, von 18 bis 82 Jahren im hiesigen Raum,  auf den Fildern sind 32000 Personen überschuldet.
Gründe für Armut liegen oft in den Big Five: Arbeitslosigkeit / Niedriges Einkommen / Scheidung, Trennung, Tod des Partners / Krankheit / gescheiterte Selbstständigkeit.

Armutsbekämpfung ist eine staatliche Aufgabe. Arme Menschen sind keine Bittsteller. Wichtige Themenbereiche sind: Menschenwürde / (existenzielle) Ängste / Gerechtigkeit / Was ist Armut? Definition / Zielgenauigkeit der Maßnahmen / Bildung / gesellschaftliche Teilhabe / Einsamkeit (In Bonlanden gibt es ganze Straßenzüge, die „vereinsamen“.) Diakonie versucht zu lindern durch Diakonieläden, Tafeln und Vesperkirchen.

Diskussionsteilnehmer: (im Bild von links)  Dr. Martin Rosemann,  SPD Bundestagsabgeordneter / Michael Hennrich, CDU Bundestagsabgeordneter / Daniela Hihn, Diakonisches Werk Württemberg / Sonja Pross, Schuldnerberatung Filderstadt. Bildmitte: Moderator Pfarrer Andreas Arnold.

Die vier Gesprächsteilnehmer/innen ziehen jeweils ein Thema, das sie in zwei Minuten erläutern und die anderen dann in jeweils 1 Minute ergänzen dürfen.

1 Bezahlbarer Wohnraum – Rosemann: In Ballungsräumen ist bezahlbarer Wohnraum knapp. Sozialer Wohnungsbau wurde in den letzten 20 Jahren stark vernachlässigt. Wohnungsmarkt ist Daseinsvorsorge, kann man nicht nur dem freien Markt überlassen. / Hennrich: Für breites Angebot sorgen, Wohngeld erhöhen. / Hihn: Brauchen mehr soziale Wohnungen. / Pross: Brauchen angemessene Mieten. Schuldner steht in der Schufa, hat schlechte Karten auf dem Mietmarkt.

2 Pflege, die man sich leisten kann – Hennrich: Pflegeversicherung ist eine Teilkaskoversicherung. System neu strukturieren. / Rosemann: Eigenanteil deckeln. Für die Pflege im eigentlichen Sinne Vollkaskoversicherung. / Hihn: Diakonie bietet viele ambulante und stationäre Pflegeplätze / Arbeitsverdichtung des Pflegepersonals ändern. / Pross: Pflegepersonal besser bezahlen.

3. Prekäre Arbeitsverhältnisse – Hihn: Viele unsichere Arbeitsplätze, sehr hoher Niedriglohnsektor in Deutschland, 5,7 Mill. Menschen leben in Deutschland von Arbeitslosengeld II, davon arbeitet 1 Million und muss aufstocken. Stabile Lebensplanung  ist nicht möglich. / Pross: Ohne Arbeit bricht die Lebensgrundlage des Menschen. / Hennrich: Man muss vom Einkommen leben können / gesetzlicher Mindestlohn. / Rosemann: Mindestlohn in ausreichender Höhe,, Kindergrundsicherung, Mitzuschuss, gerechte Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt. Gerechte Bildungschancen für alle.

4. Altersarmut – Pross: Trifft vor allem Frauen. Was ist Lebensleistung? Lebensleistung wird nur am Verdienst bemessen. / Hihn: Arme sterben 10 Jahre früher als Reiche. Oft Arbeit ohne betriebliche Altersvorsorge. Arme können privat nicht vorsorgen. / Hennrich: Versteckte Armut viel höher, da viele ihre Rechte nicht kennen und sie aus Scham auch nicht in Anspruch nehmen. / Rosemann: Renten können nicht alle Unterschiede im Erwerbsleben korrigieren. Bessere Bezahlung beugt Altersarmut vor. Rechtzeitig die richtigen Weichen stellen gegen Altersarmut durch arbeitspolitische Maßnahmen.

Bei der Komplexität des Themas wurde den zahlreichen Zuhörer*innen schnell bewusst, dass dieser Abend keine allgemeingültigen Antworten geben kann, aber verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt hat, an welchen Stellschrauben die Politik drehen könnte.

Hedy G. Barth-Rößler. Stv. Vors. Stadtverband Freie Wähler Filderstadt e.V.